wo ich über Dinge schreibe, die mich bewegen

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Marie Kondo, No-Buy, Zero Waste, Fridays for Future – dies ist eine Revolution!

Whoa whoa whoa! Halt, Stopp! Das sind aber viele Buzzwords in einem Titel! Ist das hier einer von diesen Clickbait-Artikeln? Nein. Ich verdiene nämlich gar nichts, wenn meine Artikel geklickt werden. („Whaaaaaaat!1!“) Nicht alles hat mit Kapitalismus zu tun.

Also zumindest nicht dieser Text, nicht so.

Jetzt, wo wir das aus dem Weg haben: Diese „Buzzwords“ sind gerade erstarkende Bewegungen, von denen manche politischer daherkommen als andere. Aber sie alle haben gemeinsam, dass sie etwas in unserer Gesellschaft sichtbar machen, das wir bisher vielleicht nicht so klar sehen konnten.

Arbeiten - Kaufen - Sterben auf einem Aufkleber
Foto von Daniel Schweighöfer.

Außerdem bin ich heute über den Artikel gestolpert Zehn Zwänge, die uns der Kapitalismus einbrockt. Neugierig klickte ich – und war von dem klitzekleinen Bogen, den der Artikel spannt, komplett unterrascht. Uh, ja, wir arbeiten für Geld, das war nicht immer so. Big Deal. Durchgeplante Arbeit führt zu durchgeplanter Freizeit. Gähn. Schnell wieder zugemacht und statt dessen angefangen, selbst zu schreiben.

Dabei berührt Kapitalismus uns viel tiefer. Er bestimmt unser Denken und Fühlen. Er verändert unsere Wahrnehmung. Er degradiert Menschen zu Verbrauchern, deren Sinn es ist, Waren zu fertigen, Dienstleistungen zu erbringen, zu konsumieren und dann zu sterben.

Marie Kondo, Göttin der Selbst-Genügsamkeit

Enter Marie Kondo. Sie schreibt uns nicht vor, was wir besitzen müssen. Sie sagt nicht, ob 10 Jeans zu viele, zu wenige oder gerade richtig viele sind. Sie sagt nur: Nimm dir die Zeit, dein Zeug in Ruhe anzusehen. Nimm dir die radikale Freiheit, ohne besondere Gründe Dinge auszusortieren. Nimm dir den Mut, alles kritisch anzuschauen und zu sehen, was dich davon glücklich macht.

Ein großer Berg Kleidung, aufgetürmt auf einem Bett.
KonMari, Stadium 1: Ein Berg Kleidung auf einem Bett aufgetürmt.

Die Erfahrung, die viele machen, die mit Hilfe von Konmari ausmisten: Es sind viel weniger Sachen als gedacht, die „Joy sparken“, also Freude auslösen. Viele Sachen sind Ballast, viele machen traurig, nageln eine*n in der Vergangenheit fest. Ich habe beim Ausmisten sehr stark gespürt, mit wie vielen negativen Gefühlen mein Zeug aufgeladen war. Ich hielt an Zeug, nein, an Müll fest, weil … ich irgendwann einmal Geld dafür ausgegeben hatte. Weil ich dachte, dass das „zu schade“ zum Ausmisten ist. Weil ich es ja noch mal brauchen könnte.

Aus Marie Kondo folgt: Es sind nicht die Dinge, die wirklich glücklich machen können. Die Dinge sind ein Mittel zum Zweck. Manche gewinnen wir lieb, füllen sie mit Bedeutung und guten Erinnerungen. Die sparken dann auch Joy, und wir halten lange an ihnen fest. Aber nicht, weil diese Dinge das von sich aus mitgebracht hätten. Sondern weil wir etwas mit ihnen gemacht haben.

No-Buy, die Rebellion der (Nicht-)Käufer*innen

In der Make-up-Community geht ein Gespenst um. Es heißt „No-Buy“, und es macht aus braven Konsument*innen der neuesten Lidschattenpalette, des krassesten Lippenstifts und dieser goldenen Gesichtsmasken Rebell*innen. Sie shoppen nicht im Laden, sondern in ihrem Stash, sie *shock* benutzen ihr Schminkzeug, statt sich neues zu kaufen. Sie rotten sich zusammen und ermuntern sich zum Nichteinkaufen, sie schauen sich das neue Zeug an und finden es nicht gut genug.

Das No-Buy ist für mich ein logischer Schritt nach dem Konmari-Ausmisten, auch wenn ich selbst erst mit dem No-Buy angefangen und dann ausgemistet habe. Aber nach der Feststellung, wie viel Zeug wir eigentlich alle besitzen, und wie wenig glücklich es macht, kommt die Erkenntnis, dass das impulsive Mehr-Kaufen von mehr Zeug nicht dazu führen wird, dass wir glücklicher sind, unsere Ziele eher erreichen oder uns langfristig besser fühlen.

Wenn das Zeug, das ich früher gekauft habe, mich jetzt nicht glücklicher gemacht hat – wird dann das Zeug, das ich jetzt kaufe, mich in Zukunft glücklicher machen?

Ich arbeite hart daran, nicht ein einziges Stück Müll bei mir einziehen zu lassen. Durch mein No-Buy habe ich mir eine Art Entgiftung verschrieben, die mich aus meinen Konsumgewohnheiten reißen soll. Und was soll ich sagen, es wirkt!

Auf dem Foto sind zwei Rouges zu sehen und zwei Puder fürs Gesicht. Bei den beiden Pudern schimmert in der Mitte der Boden des Behälters durch.
Rouge und Puder zu Beginn meines „Project Pan“.

Mit Misstrauen betrachte ich die Menschen, die durch Fußgängerzogen schlendern, eigentlich nur spazieren gehen, aber nicht durch Wald oder Feld, sondern durch den Konsum streifen. Mit Ekel schaue ich auf unter furchtbaren Umständen produzierte Waren, die in Läden hängen, die mit „25 % unserer Mode ist nachhaltig produziert!“ werben, ohne ausführen zu müssen, was das eigentlich sein soll, dieses „nachhaltig“. Mit Widerwillen schaue ich auf meine viel zu große Makeupsammlung, die ich zwar schon etwas ausgedünnt habe, aber die noch mehr Zeit brauchen wird, bis sie auf ein sinnvolles Maß geschrumpft ist. Mit Verachtung höre ich immer noch zu viele Politiker*innen, die Konsum, Arbeit und Würde miteinander koppeln. Als gäbe es keine Alternative. Als würde alles besser werden, wenn wir uns nur ganz, ganz dolle anstrengen und schnell viel konsumieren! Kauft, Leute, kauft!

Am besten gute deutsche Autos. Mmmmh, lecker Autos!

Our culture of work strains to cover its flaws by claiming to be unavoidable and natural.

Post-work: the radical idea of a world without jobs

Zero Waste: Wenn schon Konsum, warum dann nicht anders?

Und überhaupt, wenn wir etwas kaufen, wie kaufen wir es dann? Wieso sind meine Gurken eigentlich verpackt? Das muss auch anders gehen! Zero Waste ist das neue Bio. Denn Verpackungsmüll, damit das unter menschenunwürdigen Bedingungen produzierte Gemüse von relativ weit weg möglichst keimfrei aussehend für möglichst lange Zeit in unseren riesigen Einkaufstempeln dümpeln kann, ist einfach mal kacke. Das kann man so hinnehmen – oder auch nicht! Wo einige schon darauf achten, fair produzierte Lebensmittel zu kaufen, steht bei Zero Waste die Müllvermeidung im Vordergrund. Ich bin jetzt nicht sicher, ob sich die Zero-Waste-Herangehensweise nur auf die Verpackung beim Kauf beschränkt, ich nehme es aber an, da es ziemlich schwierig ist, die komplette Produktionskette seriös zu durchleuchten.

Aber wäre ein Siegel dafür, Waren plastikfrei herzustellen, nicht eine erstrebenswerte Sache?

Fridays for Future, die Zukunft ist jetzt

Die Zeit wird knapp. Viel zu lange haben wir auf zu großem Fuß gelebt. Wir haben uns die Gegenwart von der Zukunft geliehen, und jetzt holt uns die Zukunft ein. Wir können nicht so weitermachen wie bisher. Es geht einfach nicht, Punkt. Nicht, wenn wir eine lebenswerte Zukunft auf diesem Planeten haben wollen.

Das hat die Bewegung Fridays for Future erkannt. Sie haben so Recht. Nein, wir können in Zukunft nicht mehr fix nach Paris fliegen, dann zum Entspannen schön auf die Kanaren, und im Winter der Sonne hinterher nach Thailand. Wir können nicht, wenn wir die Welt nicht in katastrophalem Zustand hinterlassen wollen. Und zumindest ich bin nicht bereit, das billigend in Kauf zu nehmen.

Und vollkommen zu Recht fordert die Bewegung die Politik auf, gegenzusteuern. Denn auch wenn wir mit kleinen Handlungen manchmal Kleinigkeiten bewegen können, lastet dadurch doch der Druck auf dem Individuum. Es gibt Menschen, die brauchen Strohhalme! Es ist nicht ihre Schuld, dass die billigsten Strohhalme aus Plastik sind und die von Restaurantbesitzenden gekauft werden. Niemand verdient es, dafür beschämt zu werden, eine einfache Lösung zu wählen. Ist ja schön, wenn ich mir als Mensch mit Zeit und Geld aussuchen kann, keinen Müll zu machen – aber das ist ein Tropfen auf den heißen Stein in Anbetracht der Möglichkeiten, die es zur Müllvermeidung gäbe!

Angebot und Nachfrage

Die Zeit ist reif für tiefgreifende Änderungen. Für mutige Schritte. Manche probiere sie im Kleinen aus, testen, ob das klappt mit diesem Leben ohne Müll, mit weniger Konsum. Die Erkenntnis wächst, dass es geht. Und dass es gehen muss.

Wie lange benutze ich mein Zeug? „Project Pan“

Ich habe schon festgestellt: Ich habe zu viel Zeug. Das sage ich nicht aus einem abgehoben-elitären Wunsch nach performativem Minimalismus heraus, sondern, weil ich zum Beispiel 5 Shampoos habe, die ich aufbrauchen muss, bis ich nach meinen Regeln ein neues kaufen kann. Oder, weil ich nach aktueller Zählung 114 Lippenstifte habe. Von denen ich vermutlich nicht viele wirklich bis zum letzten Rest benutzen werde.

Es gibt in der Makeup-Community etwas, das sich „Project Pan“ nennt. Und das geht so: Es wird versucht, eins oder mehrere Produkte zu „pannen“, es zuerst so weit aufzubrauchen, dass das zuerst das Metallpfännchen sichtbar wird, und es schließlich ganz zu verbrauchen. So etwas dauert. Eine ganze Weile. Wie lange genau? Weiß ich nicht, denn obwohl ich immer mal wieder Dinge verbrauche, benutze ich die meisten im Wechsel mit anderen. Das macht es schwer, ein Gefühl dafür zu bekommen, wie lange ich das Puder, den Lippenstift oder das Rouge benutzt habe.

Wozu ein „Project Pan“?

Ich beginne mein erstes Project Pan daher mit dem Vorsatz, mehr darüber zu lernen, wie lange mein Makeup hält, wenn ich mich auf eine kleine Auswahl konzentriere. Für das Jahr 2019 gibt es ein paar Menschen, die „Pan 19 in 2019“ machen, und denen habe ich mich einfach angeschlossen: 19 Dinge habe ich ausgewählt und mit einem kleinen Sticker versehen, die ich in diesem Jahr leer machen will. Ich halte meine Fortschritte immer am Monatsanfang fest.

Ich hoffe, so lerne ich langsam, wie viel ich benutze. Und auch, wie viel ich nicht benutzen kann, weil ich einfach viel zu viel habe, um alles benutzen zu können, bevor es ranzig wird.

Auf der anderen Seite hoffe ich, dass ich auch ein paar Dinge leer kriege und besseren Gewissens entsorgen kann. Und dann weniger Zeug habe als vorher, was eines meiner Ziele für dieses No-Buy-Jahr ist.

Und zuletzt: Dadurch, dass ich mich auf einige wenige Sachen konzentriere, lerne ich die hoffentlich auch sehr gut kennen und weiß, ob ich sie jemals wieder kaufen möchte oder nicht.

Die 19 Dinge, die ich gewählt habe, sind:

Das Bild zweigt verschiedene Schminkdinge. Insgesamt 19 Rouges, Mascaras, Puder, Lippenstifte und anderes sind zu sehen.
Die Produkte für mein „Project Pan“.
  • Missha Signature BB Cream
  • Nyx Stay Matte But Not Flat Powder
  • Nyx Finishing Powder
  • Nyx Butter Gloss (Angel Food Cake)
  • Maybelline Color Drama (Stripped Down)
  • Mac Lipstick (Craving)
  • Nyx Lipstick (Thalia)
  • L’Oréal Telescopic Mascara
  • Maybelline Lash Paradise Mascara
  • Maybelline Lash Sensational Mascara
  • Sephora Mini Eyeliner (Black)
  • Essence Make Me Brow (Light + Dark)
  • Nyx Microbrow (Taupe)
  • Maybelline Master Camo
  • Catrice Camouflage Concealer
  • Nars Concealer (Vanilla)
  • Nyx Baked Blush (Journey)
  • Benefit Boxed Blush (Rockateur)
Foto von zwei Lippenstiften, die schon fast aufgebraucht sind.
Zwei Lippenstifte: Stand zu Beginn des „Project Pan“.

Einige dieser Sachen habe ich schon länger, einige noch nicht so lange. Einige mag ich gerne, einige nur so mittel. Ich bin jedenfalls gespannt, wie ich dieses Projekt empfinde: Ist es für mich eher eine Last, mich relativ stark einzuschränken? Oder finde ich es angenehm, einfach zu einem dieser Lippenstifte zu greifen, zu der einen Foundation, oder zu einem der beiden Rouges?

Auf dem Foto sind zwei Rouges zu sehen und zwei Puder fürs Gesicht. Bei den beiden Pudern schimmert in der Mitte der Boden des Behälters durch.
Rouge und Puder zu Beginn des „Project Pan“.

Wie sieht es bei euch aus? Habt ihr Erfahrungen mit solchen Projekten? Oder könnt ihr euch das vorstellen?