Warum ich ein No-Buy mache, was das für mich bedeutet und was ich mir erhoffe.


Es ist Ende 2018, ein schreckliches Jahr für mich persönlich und davon unabhängig für die Welt als Ganzes. Ich werde hier nicht in Politik und Gesellschaft eintauchen, aber es war ein herzzerreißendes, erschreckendes Jahr, voll von mächtigen Menschen, die machtlose Menschen missbrauchen, voll von Krieg, Terror und Auswüchsen des Kapitalismus, die das tun, was sie am besten können. Und ich habe genug davon. Ich bin überfordert, die Auswirkungen abzumildern, indem ich – was? – Geld für kleine Dinge ausgebe, die mich für eine immer kürzer werdende Zeit etwas glücklicher machen. Ich fühle mich davon überfordert, buchstäblich Versprechungen zu kaufen.

Und ich brauche einen Entzug.

Ich muss meinen Verstand von den Versprechungen des Marktes entgiften. Ich brauche keinen weiteren Lippenstift. Ich brauche kein weiteres Spiel. Ich brauche keinen neuen Rock, den ich zu den fünfzig oder sechzig anderen in meinem Schrank legen kann. Ich brauche eine Intervention.

Wieso ein No-Buy? Wie bin ich hierher gekommen?

Ich habe mich entschieden, ein No-Buy-Jahr zu machen. Zufällig bin ich über dieses Video gestolpert:

Und es machte Klick.

Die Konsumgeschichte meines Lebens ist folgende: Ich lebte 28 Jahre lang in relativer Armut. Meine Eltern sind Einwanderer aus der Arbeiterklasse, und ich wurde erzogen, kein Geld auszugeben. Ich ging zur Schule, ich ging zur Uni, und ich hatte am Ende des Monats nie Geld übrig. Ich trug gebrauchte oder billige Kleidung und wurde dafür fertiggemacht und ausgelacht. Ich kann mich lebhaft daran erinnern, wie sauer und verletzt ich war, dass es Menschen gab, die 30 oder 40 Euro einfach so für ein Lehrbuch ausgeben konnten. Ich machte an der Uni meist Kopien, das war manchmal kostenlos oder kostete sehr wenig. Ich erinnere mich auch an die schlaflosen Nächte, wenn das Konto leer war und ich nicht sicher war, ob die nächste Miete mich ins Minus rutschen lassen würde, und ich erinnere mich, wie beschämt und trotzdem erleichtert ich war, als ich Wohngeld bekam.

Ich fühle immer noch mit Ron Weasley, wenn er ruft: „Ich hasse es, arm zu sein!“ Ich hasste es auch.

Seit ich in mein Berufsleben eingetreten bin und etwas Geld habe, habe ich mir nie die Zeit genommen, meine Ausgaben und mein Konsumverhalten einer Prüfung zu unterziehen. Ich spüre immer noch den Nachhall des Rausches meines ersten Gehaltes. Ich habe Kleider gekauft. Ich habe sie einfach gekauft. Das hatte ich zuvor nie ohne sorgfältige Überlegung getan – niemals.

2019 wird sich das ändern.

Deshalb werde ich in diesem Jahr wieder sorgfältig nachdenken. Es ist über 10 Jahre her, seit ich anfing, Geld zu besitzen, das ich frei ausgeben kann, und obwohl ich eigentlich klarkomme, habe ich das Gefühl, dass ich es besser machen könnte. Ich habe das Gefühl, dass ich kurz vor einem Suchtverhalten beim Einkaufen stehe. Denn ich habe nicht viele Hemmungen beim Einkaufen: Ich kaufe nach Belieben ein. Und ich tue das manchmal für den Kick. Ich habe das Gefühl, dass ich so verkabelt bin, dass mir mein körpereigenes Endorphin ziemlich leicht zu Kopf steigt.

Und ich habe genug Make-up, Hautpflege, Kleidung, Dekoration… Wenn ich ehrlich bin: Ich brauche nichts.

Also: Wie werde ich dieses No-Buy-Jahr angehen?

Es wird für mich nicht darum gehen, absolut gar nichts zu kaufen. Ich muss weiterhin essen. Und ich möchte weiterhin malen können. Mein No-Buy-Jahr 2019 wird das Thema „Widerstand“ haben. Widerstand gegen den Rausch, gegen Impulskäufe. Widerstand gegen sinnentleerten, überflüssigen, übersprunghaften Konsum.

Regeln sind dafür wichtig, unabdingbar. Ich arbeite noch an den Details meiner Regeln, z.B. „Es ist in Ordnung, wenn ich alle Dinge einer Kategorie vollständig aufgebraucht habe oder alle kaputt oder aussortiert sind, dann kann ich etwas aus derselben Kategorie nachkaufen“.

Eine weitere Regel ist der Boykott von Amazon. Es fühlt sich an, als wäre es aktuell das Richtige.

Mein Ziel ist es, bis zum Ende des Jahres weniger zu haben. Weniger Unordnung. Weniger Zeug, das ich sowieso nicht benutze. Und dafür mehr Einblick in mich selbst. Mehr Zurückhaltung. Mehr Kontrolle.

Dies ist also der Raum, in dem ich meine Gedanken und Gefühle teilen werde, während ich mein No-Buy-Jahr mache. Wo ich meine Kämpfe teilen werde, falls es welche gibt. Was ich tue, anstatt über den nächsten Kauf nachzudenken. Und ähnliches.

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